Auch wenn viele ihn nicht mehr für in unsere Zeit passend halten, kann ich mir ein Weihnachten ohne Weihnachtsbaum nicht mehr vorstellen. Dieses Jahr bin ich spät dran. Das liegt daran, das ich meine Frau nicht alleine lassen kann. Meine Tochter hatte aber keine Zeit. Heute hat es endlich geklappt. Meine Tochter ist da und hat den ganzen Abend Zeit. So werde ich mich dann mal auf den Weg machen. Im Vorbeigehen greife ich zum Autoschlüssel, hänge ihn aber wieder auf und ziehe Winterstiefel und meine dicke Jacke an. Ich werde zu Fuß gehen, damit ich nicht ganz einroste. Sind ja nur knapp drei Kilometer bis in den Ort. Ich werde durch die Feldmark gehen. Dann ist es noch etwas kürzer. Also verlasse ich mein Grundstück durch den Garten, vorbei an meine alte Bank, die ich im Frühjahr aber wirklich erneuern werde. Es liegt leider noch kein Schnee aber der Boden ist gefroren, so das ich gut vorankomme. Das Gras ist schon gelb. Am Rande der Weide sehe ich einen hellen Streifen. Es sind Pilze. Nelkenschwindlinge. Die Pilze sind ein kleines Wunder. Sie wachsen auch noch bei Frost. Die werde ich mir morgen holen. Das gibt eine gute Pilzsuppe.
Da ich an der Wildfütterung vorbei komme sehe ich gleich noch mal nach, ob ich wieder Futter vorbei bringen muß. Es liegt aber noch genug da. Die Felder lasse ich hinter mir, überquere die Straße zur Schleuse und gehe den Weg am Flüßchen lang. Der Weg ist nicht beleuchtet. An diesem einsamen Weg hat es vor einem Jahr mal einen Exi gegeben, der meinte er müsse den Frauen sein blaugeädertes Unding zeigen. Der Spuk dauerte aber nicht lange, weil die Frauen wohl nicht so reagiert haben wie er gehofft hatte. Die haben ihm anscheinend wohl den Spaß verdorben. Es ist nun nicht mehr weit bis in den Ort. Ich glaube ich rieche schon Gebrannte Mandeln und Glühwein. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Dann bin ich auf der Hauptstraße. Noch ca dreihundert Meter rechts runter und ich bin auf dem kleinen Weihnachtsmarkt.
Einen Augenblick bin ich versucht mir eine Tüte Gebrannte Mandeln zu kaufen. Reiße mich aber zusammen und gehe weiter. Mein Zucker schießt schon fast vom Geruch in unendliche Höhe. Auch am Glühweinstand gehe ich tapfer vorbei, bremse dann aber so stark ab, das ich eine Bremsspur hinterlasse und bestelle mir ein Gläschen Glühwein mit Schuß. Bin ja schließlich nicht mit dem Auto hier. Der Glühwein weckt im Nu alle Lebensgeister. Das Glas leert sich so langsam als ich nach einem Blick nach links mit einem Fallrückzieher die Flucht ergreife. Da kommt Gerda. Gerda ist eine Frau von Anfang fünfzig, etwas unreif für ihr alter und auch nicht unbedingt schön. Außerdem hat sie einen Hör und Sehfehler. Sie hört nicht das ich ihr schon etliche male erklärt habe, das ich an ihrer Nähe nicht das geringste Interesse habe. Auch scheint sie meinen Ehering einfach nicht zu sehen. Da hilft nur die Flucht, denn sie ist dafür bekannt, das sie Männern, wenn sie etwas zuviel getrunken hat gerne ins Geschröt greift. Da hilft also nur die Flucht.
Endlich bin ich beim Weihnachtsbaumhändler. Er Versucht gerade einer Frau einen Weihnachtsbaum zu verkaufen, der eigentlich nur halb vorhanden ist. An einer Seite fehlen die meisten Äste. Natürlich hat er der Frau die Schönste Seite des Baumes zugedreht. Die frau geht um den Baum herum. Um ihn von allen Seiten zu sehen. Der Verkäufer geht mit um den Baum, hält ihn aber fest, so das sich der Baum mitdreht und die Frau immer nur die eine Seite des Baumes sieht. Sie Kauf diesen Krüppel dann tatsächlich auch. Der Verkäufer zieht den baum geschickt durch das Netz und die Frau verschwindet mit dem Baum. Das gibt Zuhause sicher eine lange Diskussionen. Bei mir versuchte Er den selben Trick. Ich hatte mir aber schon einen Baum ausgesucht. Knapp zwei Meter hoch und schön gewachsen. Vierzig Euro hat mir der Raubritter dafür abgenommen. Also den Baum geschultert. Am Glühweinstand stand Gerda immer noch. Sie sprach mit einem netten Heern, der sie auch ganz interessiert ansah. Na ja, vielleicht dachte er ja auch, besser widerlich als Wieder nich. Jedem das Seine. Auf dem Weg am Flüßchen mußte ich den Baum das erste mal absetzen. Ich glaube ich werde langsam alt. Früher hätte ich so einen Baum an der Uhrkette getragen. Der Baum scheint immer schwerer zu werden. Erst kurz vor meinem Haus wurde er wieder leichter. Ich war froh, als ich den Baum unter dem Schleppdach abstellen konnte. Meine Frau schlief schon und meine Tochter machte sich auch wieder auf den Weg. Ich kochte mir eine Kanne Tee und setzte mich an meinen Kamin. Der Kandiszucker knistert leise wenn er im Tee versinkt. Nun ein Löffel Sahne und dann genießen. Das Kaminfeuer flackert. Wenn ich in die Flamme sehe, muß ich immer an meine Kindheit denken. Als Kind habe ich oft fasziniert ins Herdfeuer gesehen. Dann sagte mein Vater immer ein Gedicht auf, das er als Kind gelernt hat. Ich weiß nicht ob ich es noch ganz kenne.
Kiekes wat is de Himmel so rot
Dat sünd de Engel, de backt dat Brot
De backet den Winasmann sein Stuten,
För all de lüttel Leckersnutten.
Nun flink de Teller unners Bett
Und lecht jo hen un wess recht nett
De Süünaklass steit för de Dör
Den Winasmann de schickt em Her.
Un wat de Engels häft backt,
dat schalst mol Probeern
Un smekct di dat got,
so hört se dat gern.
Kiekes wat is de Himmel so Rot
Dat sün de Engels de Backt dat Brot.
Ich wünsche euch allen eine gesegnete und friedliche Weihnacht.
Manfred
Beginne jeden Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir.