Nun habe ich wieder etwas Zeit für mich. Meine Frau ist versorgt und schläft. Das Geschirr ist abgewaschen und die Wohnung leidlich sauber. Mehr mache ich heute aber nicht. Man muß auch mal über einiges hinweg sehen können. Es zieht mich in den Garten. Strahlender Sonnenschein empfängt mich, aber immer noch ein kalter Wind. Die Krokusse sind verblüht. Aber dafür blühen die Narzissen und die Veilchen. Die Kirschen schieben auch schon dicke Knospen. Man sieht ihnen an, das sie vor Lust heraus platzen möchten. Nur der kalte Wind gebietet ihnen noch Einhalt. Eine Woche noch, dann springen die Blüten auf und verwandeln den Baum in eine zart rosa Wolke. Der Haselnußstrauch ist schon verblüht. Er hat schöne dünne Ruten gebildet, von denen Subbi ein Lied singen kann. Bei dem Gedanken muß ich schmunzeln. Der Rasen mahnt mich ihn zu mähen. Ich tue so, als hätte ich es nicht bemerkt. Es ist ja Feiertag. Langsam komme ich ans Ende meines Grundstückes. Dort steht meine alte Bank.. Nächste Woche werde ich sie abbauen und durch eine neue ersetzen. Sie ist langsam in die Jahre gekommen und bricht schon fast zusammen. Ich brauche diesen Ruhepol um nachzudenken und auch mal die Seele baumeln lassen. Ich werde mich auch heute dort für ein Stündchen hinsetzen. Mir geht wieder so einiges durch den Kopf.
Heute ist der erste Mai. Früher war ich dann immer mit der Gewerkschaft auf der Straße. Die Unternehmer daran zu erinnern , das sie sich keine Schwachheiten einbilden sollen. Das ist lange her. Seit dem hat sich unser Zusammenleben verändert. Hat es sich denn aber auch verbessert? Früher hörten wir oft, wir leben in der besten aller Welten. Ich kann mich über meine persönlichen Verhältnisse auch nicht beklagen. Die Rente ist zwar nicht üppig aber ich kann mit meiner Frau ganz gut davon leben. Eigentlich müßte ich zufrieden sein. Wie kommt es nur, das ich mit der Zeit eher unruhiger werde. Manchmal möchte ich mich in meinem Haus verkriechen und nichts mehr hören und sehen. Jahrzehnte lang habe ich mit vielen Gleichgesinnten für eine bessere Welt gekämpft und sehr viel erreicht. Die Welt hat sich damals rasant verändert. Die Menschen hatten arbeit und ein gutes Einkommen. Man konnte sich was leisten. Manchmal wurde es mir richtig unheimlich wie schnell sich mit einem mal alles zum Besten änderte. Meine Generation und ich haben uns satt und zufrieden zurückgelehnt. Leider wird man wenn mann satt und zufrieden ist langsam Blind für Dinge die sich langsam aber unaufhaltsam wie ein schimmeliger Überzug auf unser Land legte. Plötzlich wieder wach geworden kannte ich die Menschen nicht wieder. Sie kommen mir vor wie eine Viehherde, auf der Weide, die so langsam immer weniger Gras hervorbringt. Alles trottet von einer Ecke zur anderen um die letzten Halme zu erhaschen ohne darüber nachzudenken was Morgen wird.
Der Zusammenschluß zu einem Europäischen Markt war noch eine vernünftige Sache. Es hat funktioniert und der Wohlstand ist auch noch eine Weile gewachsen. Der nächste Schritt, eine gemeinsame Währung, schien daher logisch wurde aber so stümperhaft realisiert, das einem nur noch schlecht werden kann. Anstatt erst die verschiedenen Länder wirtschaftlich anzupassen damit der Euro gleichwertig wird, hat man Länder die noch lange nicht die wirtschaftlichen Voraussetzungen boten mit in den Währungsverbund aufgenommen. Zunächst wurden noch Stabilitätskriterien eingebaut und zusätzlich beschlossen das Länder die den Euro wirtschaftlich nicht tragen können nicht von den anderen Mitgliedern gestützt werden dürfen. Schnell hat man bemerkt, das die Einführung des Euro so nicht möglich ist und alle guten Vorsätze fahrlässig über Bord geworfen. Nun erleben wir wie Europa auseinander bricht.
Und was ist mit unserer Wirtschaft passiert. Warum können wir von unsre Hände Arbeit nicht mehr leben. Hat unsere verehrte Führung denn völlig den Verstand verloren. Ich dachte immer das Wirtschaft ein Kreislauf von Verkauf der Arbeitskraft, Durch Produktion von Waren und Gütern Schaffung von Mehrwert und Konsum. Wenn aber die Arbeit ihren Wert verloren hat und niemand mehr konsumieren kann bricht ein drittel des Kreises heraus und das Rad ist unrund und steh nach kurzer oder längerer Kreis. Wir leben in einer Globalisierung müssen wir uns immer wieder anhören. Einer der dümmsten Argumente die ich je gehört habe und auch völlig falsch. Unsere Produktivität ist um ein Vielfaches Höher als in den Ländern der sogenannten dritten Welt.
Ein weiteres Problem sind die Banken. Die eigentliche Aufgabe der Banken ist das Darlehnsgeschäft. Die Wirtschaft braucht Kredite um temporäre Produktionskosten zu überbrücken. Statt dessen hat sich die gesammte Bankenwelt auf Investment eingestellt. Jene Unproduktive Art der Geldvermehrung ohne Anbindung an Waren und Gütern. Inzwischen hat sich eine riesige Blase gebildet die mit Sicherheit bald platzt. Sie wäre längst geplatzt, wenn unsere "Regierung" die Banken nicht mit Unsummen gestützt hätte. Lange geht das nicht mehr gut.
Inzwischen wird auch mit Rohstoffen und Lebensmittel spekuliert. Auch das Wasser, ein Menschliches Grundrecht wird "privatisiert", was nichts anders bedeutet, das es zur Spekulation freigegeben ist und wenn nicht ein Wunder geschieht für viele unbezahlbar wird. Wie lange wollen wir da noch tatenlos zusehen. Wenn wir nicht etwas ändern, ist es bald zu spät. Es wird Zeit, die schlechteste Aller Regierungen endlich abzulösen. Die können es nicht. Vielleicht rieselt zu Pfingsten dieses Jahr etwas Weisheit vom Himmel. In einem halben Jahr haben wir Gelegenheit den Damen und Herren zu zeigen was wir von ihnen halten. Ich hoffe jeder weis was er zu tun hat. Langsam erhebe ich mich. Ich muß mal nach meiner Frau sehen. Dann werde ich Kaffee kochen. Das bringt mich hoffentlich auf bessere Gedanken. Wohin gehen wir, wohin?
Beginne jeden Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir.