Manchmal kommt es anders als gedacht. Vor vierzehn Tagen habe ich die kleine Bank am Ende meines Grundstücks gereinigt. Durch den Umbau meines Hauses habe ich sehr wenig Zeit für mich gehabt. So habe ich mich auf Ostern gefreut. Ein paar Stunden auf meiner Bank sitzen und den Gedanken nachhängen. Die blühenden Sträucher und die erwachende Natur beobachten. Das weckt in mir eine unbändige Lust am Leben. Nun liegt hier ein paar Zentimeter Schnee und es soll noch weiter schneien. Die Sträucher machen auch noch keine Anstalten zu blühen. Unter den Tieren ist im Moment auch nur der Maulwurf aktiv. Verkehrte Welt. Zu Weihnachten 16 Grad wärme und Regen, zu Ostern 0 Grad und Schneefall.
Da bleibt nur noch eins, an den Kamin, mit einer schönen Tasse Teepunsch. Vielleicht ein gutes Buch lesen. Meine schlafende Frau habe ich von dort aus immer im Blick. Mein Garten kommt mir in den Sinn. Es ist noch nichts vorbereitet. Zuerst der Monate lange Regen, dann der starke Frost , und nun der Schnee. Das bringt meine ganze Planung durcheinander. Ich lebe hauptsächlich von meinem Garten. Deshalb ist es wichtig, das die Saat in die Erde kommt. Ich ertappe mich dabei, das ich lange aus dem Fenster starre und das Wetter beobachte. Dicke Schneewolken ziehen heran. So hat meine Großmutter auch immer da gesessen und ungeduldig das Wetter beobachtet.
Meine Großeltern haben genau wie ich hauptsächlich aus ihrem Garten gelebt. Es waren fleißige Menschen bei denen ich mich immer besonders wohl gefühlt habe. Mein Großvater hat mir das Arbeiten mit Holz bei gebracht. Auch in der Vogelwelt kannte er sich gut aus und hat mir allerhand erklärt. Mehr noch hat mich aber meine Großmutter beeindruckt. Sie kannte jedes Kraut, welches wild in Feld und Flur wuchs. Sie sammelte die Wildkräuter und verarbeitete sie zu einem sehr gut duftenden und schmeckenden Kräutertee. Den Geruch habe ich immer noch in der Nase, wenn ich an damals denke.
Wie oft bin ich mit meiner Großmutter durch die Feldmark gezogen. Meine Großmutter war auffallend klein. Mit 12 Jahren, war ich schon ein Stück größer wie sie. Meine Großeltern stammten aus Ostpreußen, aus der Nähe von Ragnit. Sie hatten dort eine Mühle. Zwölf Kinder haben sie groß gezogen. Dann mussten sie alles zurück lassen. Mein Großvater ist nie darüber hinweg gekommen, das er seine Pferde nicht mitnehmen konnte. Meine Großmutter hat sich leichter damit abgefunden. Wenn wir durch die Feldmark gingen schwieg sie meistens. Bis sie plötzlich mit einem spitzen Schrei mit ihren kurzen Beinen über einen Graben sprang und glücklich ein paar Kräuter pflückte.
Sie Zeigte mir die Kräuter und erklärte sehr genau was man aus diesen Kräutern gutes machen konnte. Sie kannte alle Kräuter, und so lernte ich die Kräuter kennen, die ich heute immer noch sammele und verwende. Auch sonst hatte sie ein umfangreiches Wissen. Sie hat mir gezeigt, das man z. B. Die frischen Triebspitzen der Eberesche wie Spargel zubereiten kann. Von den Früchten der Eberesche, den so genannten Vogelbeeren kochte sie ein köstliches Gelee. Die Frau konnte alles und hatte auf jede meiner vielen Fragen eine Antwort. Als ich 14 Jahre alt war, starb meine Großmutter. Das ging mir sehr nahe. Noch heute muss ich oft an sie denken. Die außergewöhnlich kleine Frau, die mir so viel beibrachte. Sie hat mich geprägt.
So, nun ist es Zeit mal nach dem Räucherofen zu sehen. Ich räucher gerade eine Gänsebrust. Für euch habe ich noch einen guten Tipp zu Ostern. Versteckt keine weißen Eier. Die werdet ihr nicht wiederfinden.
Euch wünsche ich trotz des Wetters ein schönes Osterfest.
Manfred
Beginne jeden Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir.