Kein Thema ohne Hetze.
Muss ich mal wieder die Mimikama-Rolle fürs Forum übernehmen, ja?
Volkserziehung. Schönes Wort, wird gerne verwendet, wenn man Angst vor Fremdbestimmung schüren will. Wenn es um bestimmte Themen geht, natürlich. Abtreibungsgegner machen keine Volkserziehung. Wenn jemand eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordert, oder eine vorgeschriebene deutschlandpositive Kulturausrichtung für öffentlich rechtliche Medienanstalten, dann ist das keine Volkserziehung. Sanktionen für arbeitsunwillige Leistungsempfänger natürlich auch nicht.
Volkserziehung ist es nur, wenn gutmeinende Spaßbremsen losziehen, und den Menschen Dinge schlechtreden oder verbieten wollen, die Freude machen. Die Freude am Essen, die Freude am unbeschränkten Rasen, die Freude am ungebremsten Umweltverpesten, die Freude am Diskriminieren...
Wobei, die Freude am Rauchen madig zu machen, zählte auch nicht dazu, komischerweise.
Ich bin übrigens selber eher Hedonist. Und von Verboten und Vogelscheuchen-Reglementierungen halte ich nichts, und von Menschen, die das als Ultima Ratio sehen, auch nicht.
Aber mal davon weg. Das Wort Volkserziehung wird ziemlich inflationär und vor Allem in einem bestimmten weltanschaulichen Cluster aus diversen Ideologien verwendet, die man grob dem populistischen rechtskonservativen Spektrum zuordnen kann. Darum natürlich sehr einseitig. Also Rollenbild Ernährer/Mann - Hausfrau/Mutter zu propagieren ist keine Volkserziehung, ein Weltbild, das sagt, es ist auch o.k. und normal, ein anderes Lebensmodell zu leben, dagegen schon.
Genug der Vorrede.
Der politisch Korrekte Wächterrat für moralinsaure Volkserziehung.
Zu den Fakten.
Es geht um eine Kita in Hamburg. Um eine! Kita!
Volkserziehung hat den Beigeschmack von Erwachsenen-Umerziehung, nicht wahr?
Jetzt mal eine radikale augenöffnende Information: Eine Kita ist eine pädagogische Einrichtung. Die Pädagogik ist die Wissenschaft von Erziehung und Bildung. Der Job einer Kita ist es, Menschen zu erziehen. Und zwar Menschen im Alter zwischen drei und sechs Jahren. Menschen, die dort arbeiten, heißen konsequenter Weise darum Erzieher.
Ich weiß nicht, wie es bei Euch auf den Bergen geregelt ist, in Deutschland gibt es keinen Wächterrat, und darum für Kitas auch keine vorgeschriebene weltanschauliche Ausrichtung. Im Gegenteil. Um so etwas wie einer Werte- und Kultur-Diktatur vorzubeugen, ist es Kitas und anderen vergleichbaren Einrichtungen bzw. deren Trägern freigestellt, ein eigenes individuelles Leitbild zu entwickeln bezogen auf ein odere mehrere Wertekonzept(e).
Es gibt eine Menge Träger in dem Bereich, die ein religiöses Leitbild haben. Kitas in evangelische, katholischer oder freikirchlicher Trägerschaft vermitteln als Teil ihres Konzepts völlig selbstverständlich christliche Werte. Jüdische Kitas hingegen jüdische religiöse Werte. Dazu kommen eine Menge freie und kommunale Träger, die alle ein eigenes Leitbild haben. Darunter auch reformpädagogische.
Es gibt sogar vegane Kitas. Es gibt auch firmeneigene Kitas diverser Großkonzerne, in denen dann gänzlich andere Werte vermittelt werden.
Allen Kitas aber gemein ist, dass sie Werte passend zu ihrem Leitbild vermitteln, und Kinder dementsprechend erziehen. Denn Wertevermittlung ist ein elementarer Bestandteil von Erziehung.
In Hamburg gibt es so z.B. über 1000 Kitas.
Von denen jetzt eine heraus gepickt wird. Diese Kita hat Antidiskriminierung als wichtiges Leitbild. Und entscheide aufgrund dieses Leitbildes eine bestimmte Regelung. Kann man jetzt die Sinnhaftigkeit dieser Methodik hinterfragen. Ich halte es für aus pädagogischer Sicht ehrlich gesagt für nicht zielführend. Aber darum geht es mir gar nicht. Mir geht es um die Kommunikation des Themas.
Eine Kita von über tausend. Das ist für die Zahlen- und Rechenfreunde unter uns weniger als ein Promille.
Nochmal:
Der politisch Korrekte Wächterrat für moralinsaure Volkserziehung.
Kindererziehung, nicht Volkserziehung.
Der allmächtige Wächterrat mit der Reichweite von unter 1 Promille.
Aber das ist die Schlagzeile vom Untergang der Nation! Weniger als ein Promille der Kindertageseinrichtungen in Hamburg verbietet unter Sechsjährigen das Tragen von Indianerkostümen. UNTERGANG!!!!!!!!!
Das ist relevant, daran muss sich die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit messen lassen. Unter ein Promille.
Hmmm.
Relevanz. Bundestagswahl 2017.
- NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands 0,4 % -> mehr als vier mal so viele NPD-Wähler wie Kitas in Hamburg mit Indianerverbot
- V-Partei3 V-Partei³ - Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer 0,1 % Selbst die Veganerpartei hat anteilig mehr Stimmen
- BP Bayernpartei 0,1 % Auch die Bayernpartei schafft es auf ein promille. Der Anteil der Deutschen, die die Bayernpartei gewählt haben ist also ebenfalls höher als der Anteil der Kitas in Hamburg mit Indianerverbot.
Ohja, der politisch korrekte Wächterrat hat aber sowas von zugeschlagen.
Bleibt nur die Frage, ob das noch Paranoia ist, oder doch das andere Wort mit P.
Sagen wir es zusammen: Propaganda.
Nachtrag:
Eigentlich wollte ich eine ganz anderen Beitrag schreiben, und von der Fasnet in meiner Heimatstadt am Bodensee schwärmen, der Straßenfasnet, die ich sehr schätze, weil es eine absolute Mitmachfasnet ist, und keine, bei der alte Männer von der Bütte herab Karneval machen, und das Volk darf dazu schunkeln, und keine, bei der Vereinsjecken oder Traditionszünfte in dekorierten Wagen am klatschenden Volk entlang gekarrt werden, sondern eine Fasnet von allen für alle.
Ich wollte vom Hemdglonker-Umzug erzählen, wenn tausende Schüler (und andere) in altmodischen Nachthemden durch die Gassen der Altstadt ziehen, und dabei riesige beleuchtete Transparente mit sich tragen, auf denen sie ihre Lehrer (oder andere Autortätsfiguren) verspotten. Eine Tradition, die angeblich entstanden ist, als die größte Lateinschule, damals ein Internat, ihren Schülern verbot an der Fasnet teilzunehmen, und diese dann nachts in Schlafklamotten aus dem Fenster gestiegen sind, und eben durch die Stadt gezogen, ihre Lehrer und deren Bigotterie verspottend.
Ich wollte vom Schmotzigen (Dunschtig) Donnerstag aus meiner damaligen Sicht als Schüler erzählen, der begann um fünf Uhr morgens mit dem traditionellen Lehrerwecken. Wenn man seine Lieblingslehrer (oder auch weniger beliebte) frühmorgens in voller Klassenstärke mit einem Besuch bei ihnen zuhause beehrte, wo diese die Schüler dann mit Krapfen und Heißgetränken zu bewirten hatten. Danach ging es in die Schule, wo spätestens um 10:00 Uhr die zuständige Narrenzunft auftauchte, und die Schule beendete und die Schüler befreite.
Danach ging es in die Innenstadt. Oft zum "Schnorren", das hieß, man ging in Geschäfte und bekam dort Essen und Getränke geschenkt, wenn man entsprechend fasnachtlich auftrat. Für die meisten innerstädtischen Geschäfte war das eine Ehre.
Am Abend dann der Hemdglonkerumzug und anschließend zog man entweder durch die Kneipen oder man ging zum Hemdglonkerball.
Den ganzen Tag bis spät in die Nacht zogen kleine improvisierte Guggenmusik-Kapellen durch die Stadt, oft in aufwändigen bunten Kostümen mit Samba-Rhythmen.
Wir mochten es, und in größeren Gruppen gemeinsam zusammen zu tun, und nach einem gemeinsamen Motto zu verkleiden. Unvergesslich, als wir uns als die Monty-Python-inspirierte Spanische Inquisition verkleidet hatten, und sogar im Südwestfernsehen gelandet sind.
Und alle Hexen, denen wir begegnet sind, mit weichen Kissen geknufft haben (Poke her with the soft cushions!)
Auch schöne Monty-Python-Themen waren die Hell's Grannies, die Holzfäller und natürlich die Steiigungsfrauen aus Leben des Brian, also Männer, die als Frauen verkleidet waren, die sich mit falschen Bärten als Männer verkleidet hatten.
Das hatte an sich mehr was von Cosplay als von traditionellet Fasnacht. Aber das war für mich das Große und Tolle an der Fasnet.
In meinen 20ern setzte dann leider eine Karnevalisierung der Fasnet ein, mit Komasaufen, Schlagermusik und kostümierter Einfallslosigkeit.