Angeregt durch Ce_la_vie's Waldspaziergang im Achtsamkeitsthema ist mir wieder eine Reportage eingefallen, die ich kürzlich gesehen habe.
Diesmal kommt der neue Trend oder das was nach Willen der Tourismusbranche dazu werden soll nicht aus dem Land der schon lange nicht mehr unbegrenzten Möglichkeiten und seinem, mit einem sehr begrenzten Horizont ausgestatteten Präsidenten, sondern aus Japan.
Waldbaden - Shinrin-yoku in der Landessprache, und dort seit ein paar Jahren mit stetig wachsender Anhängerschaft.
Ich bin gewiss sehr aufgeschlossen für Neues. Ich habe aus Neugier schon vieles ausprobiert, und beleuchte ansonsten kritisch, bevor ich etwas, ich betone, für mich, ablehne. Insbesondere fernöstlichen Entspannungstechniken und Heilmethoden stehe ich sehr positiv gegenüber. Ja ich habe, und es ist egal ob das jemand belächelt, auch schon einmal während einer Fahrt angehalten und einen Baum umarmt, nachdem ich an einem schweren Unfall vorbeigekommen bin, und es hat mir sehr gutgetan und zur Ruhe verholfen. Leider weiß ich nicht was der Baum gefühlt hat.
Was ich aber nicht brauche, ist, dass ich mir von „Waldbadelehrerinnen" die ihr Wissen wiederum in einem einwöchigen Lehrgang von einer „Walbbademeisterin" (woher hat die eigentlich ihre Kenntnisse und Fähigkeiten? ) erworben und bezahlt haben, sagen und zeigen lassen muss, wie ich mich bewusst im Wald bewege und wie ich ihn wahrzunehmen habe.
Was ich weiß ist, dass ich nicht 15 Minuten auf einem Holzstamm sitzen muss um mein existenzielles Bedürfnis nach Natur zu spüren, und dass ich keine Blätter mit einem Taschenspiegel von unten betrachten muss oder mich durch einen Laubhaufen rolle, um mich enger mit der Natur verbunden zu fühlen.
Ich bin von kleinauf gern in den Wald gegangen, in den letzten Jahren noch bewusster als früher. Ich mag die fifty shades of green wenn im Frühjahr die Blätter sprießen, nehme die Sonnenstrahlen war, die sich wie zarte Spots dort in den Schwebstoffen der Luft zeigen wo die Sonne ihren Weg zum Waldboden findet, ich kann Gerüche wahrnehmen und die ein oder andere Vogelstimme zuordnen, den Wald mit allen Sinnen genießen.
In besagter Doku sind dann die „Lehrerawärterinnen" mit ihrer „Meisterin" im Schneckentempo in einer Reihe durch den Wald marschiert, um die Langsamkeit zu entdecken und das Waldbaden zu lernen, was ich als genauso komisch empfinde wie jenes Bild damals, bei einem einSchlägigen Event im Schearzwald, als Frauen in Faltenröckchen und Kniestrümpfen und Männer in mehr als knappen Shorts mit Lehrer und Lehrerin lustige Lieder singend in den Wald marschierten zum Rutenschneiden für ihr späteres Spiel.
Um keinen Aufschrei zu verursachen erlaube ich mir hier den Einschub dass ich diese Spiele nicht verurteile und es gut finde wenn jede/r seine Neigung nach seinem Geschmack auslebt (solange sie keinem Dritten schadet), aber auf mich persönlich mit meinen anders gearteten Interessen und Vorlieben wirkte dieses Bild einfach bizarr. Dafür mache ich sicher auch Dinge, welche durch Dritte belächelt oder mit Unverständnis betrachtet werden, nicht nur wenn ich einen Baum umarme (sicher auch ein schräges Bild neben der Landstraße) und erhoffe die gleiche Toleranz und erlaube Kopfschütteln dabei.
Zurück zum Thema. Ähnlich wie die E-Bikes dem ein oder anderen wieder zur Bewegung verholfen haben, finde ich es gut wenn durch solch einen Trend Menschen wieder einen Bezug zur Natur bekommen. Ich weiß aber nicht ob es anschließend auch der bewussten Wahrnehmung der Natur dient, wenn man ihnen sagt mit welchen Augen sie diese betrachten, mit welchen Sinnen sie diese wahrnehmen sollen. Auch sollte der Weg des sanften Tourismus nicht verlassen werden, Wälder dürfen nicht zu Eventlocations verkommen wie bereits viele Berggipfel und Almen.
Macht man Waldbaden nur richtig teuer wird es morgen ist es ein hippes Freizeitvergnügen und dient Selbstfindungstrips der High Society. Opa mit seinem Dackel findet dann keine Platz mehr auf dem Waldparkplatz zwischen den SUV's, die aber auf diese Art wenigstens as der Stadt dürfen und dort fahren können wo mehr Platz ist.
Ich möchte diesen Trend mit meinem Artikel nicht schlechtreden, sondern ihn lediglich as meinem Blickwinkel beleuchten, und darauf hinweisen dass man nicht blind auf jeden Zug aufspringen sollte wenn man nicht weiß wohin die Reise geht (vgl. E-Roller), so wie jetzt verschiedene Kurorte und -Kliniken, die schon über Gespräche mit Krankenkassen für Kostenbeteiligung nachdenken.
Vielleicht sollte die Kosmetikbranche schnellstens geeignete Hautschutzmittel mit Waldschutzfaktor erfinden damit sich jene die es mit dem Baden übertreiben keinen Waldbrand holen, schließlich sind die gesundheitlichen Langzeitfolgen von Waldbaden noch nicht erforscht.
Vielleicht sollte man aber auch einfach der Wald mehr vor dem Menschen schützen, mehr Schutzgebiete ausweisen statt nur auf andere Länder zu zeigen.