Hallo ihr Lieben,
nachdem ich soeben noch eine lange PN verfasst habe, wollte ich doch gerne mal wissen warum viele Deutsche meinen sich auf Kosten der Holländer lustig machen zu müssen?
In diversen WM-Threads fiel immer wieder das Wort "Käsköppe", ellen bekundete schon vor geraumer Zeit ihren Unmut darüber. Leider wurde das hinweggefegt mit einem lapidaren: "Kosewort für unsere lieben Nachbarn", oder so in der Art.
Es ist ja nicht nur in diesem Forum so, dass ständig alberne Witzchen auf unsere Kosten gerissen werden. Schon als ich von der Schule in NL auf eine deutsche Schule kam ging das los. Teilweise richtig gemein und verletzend.
Ich bin binational, Mutter Deutsche, Vater Holländer.
Ich kam als "Deutsche" in die 2. Klasse einer niederländischen Grundschule und konnte noch nicht ein Wort Holländisch. Trotzdem kam dort kein einziges Kind auf die Idee mich aufgrund dessen zu beleidigen, im Gegenteil, ich erhielt massig Hilfe um die Sprache zu erlernen. Schon am ersten Tag dort hatte ich viele Kontakte geknüpft die mir bei den Aufgaben geholfen haben und ich kam bestens klar.
Zurück in Deutschland (4. Klasse) ging es dann los. "Du blöder Käsekopp, geh doch nachhause", etc..
Das führte bei mir dazu mich immer eher als Holländerin zu fühlen als als Deutsche, obwohl ich mit 16 den niederländischen Pass abgegeben habe weil ich in Deutschland lebte (allerdings auf Druck meiner Mutter, es ging damals darum ihre Unterschrift zu bekommen damit ich endlich Bafög bekam, ich wohnte damals nicht mehr zuhause. Hätte ich selbst frei entscheiden können hätte ich mich eher für den NL-Pass entschieden).
In meiner Jugend verbrachte ich mehr Zeit in NL als in Deutschland (ich lebte in direkter Grenznähe). Nach der Schule und dem alltäglichen Kram ging es ab nach NL um dort mit Freunden abzuhängen.
Später lebte ich nochmal für ein paar Monate in NL bis ich in Deutschland beruflich Fuß fassen konnte. Eine deutsche Ausbildung galt von höherem Stellenwert und ich entschloss mich dazu wieder in das Land meiner Staatsbürgerschaft zu ziehen.
Sich öffentlich dazu zu bekennen halbe Niederländerin zu sein fiel mir jahrelang schwer, aufgrund dieser Kindheitserfahrungen.
Erst als ich weiter von der Grenze wegzog ging es wieder. Da wagte ich es mich auch mal dazu bekennen und bekam zu hören: "Hey, Holland ist doch cool! Da kann man doch kiffen, oder?"
Rumms hatte ich wieder einen Stempel auf der Stirn.
Selbst heute ist das noch so, wenn ich irgendwem erzähle, dass ich im Urlaub nach Amsterdam fahre kriege ich zu hören: "Und? Bringste was mit?"
Hallo? Das letzte Mal hab ich mit 20 oder so gekifft, ich kann das Zeug nicht ab, ich vertrage es nicht!
Auf der Arbeit halte ich mich mittlerweile bedeckt was meinen Hintergrund angeht, selbst wenn es um meine Urlaubsplanung geht erzähle ich dort lieber, dass ich "nachhause zur Familie" fahre und wenn jemand genauer nachhakt sage ich "nach Westfalen".
Ich finde es fürchterlich, dass man immer gleich saudumme Sprüche um die Ohren gehauen bekommt oder als Kiffer tituliert wird. Mir tut das weh, richtig weh....
Neulich habe ich mit meinem (Halb-)Bruder in Amsterdam am Telefon über diese Thematik gesprochen und ich fing voll an zu heulen. Mein Bruder war ziemlich ungehalten und benutzte ein sehr unfreundliches Wort welches die Holländer für die Deutschen haben, nämlich "Rotmoffen".
Mein Bruder hat zeitweise in Deutschland studiert und ihm knallte die selbe Freundlichkeit ins Gesicht wie mir. Von daher ist er nicht so supi auf viele Deutschen zu sprechen, auch wenn er noch deutsche Studienfreunde hat.
Komisch, warum ist das so, dass die Holländer in Deutschland immer wieder so beschissen behandelt werden?
Selbst hier in München wurde ich fast bespuckt als ich im Oranje-Shirt öffentlich unterwegs war. Dabei muss ich sagen, dass hier die Feindlichkeiten extrem selten sind im Gegensatz zu anderen Landstrichen in Deutschland. NRW ist anscheinend die Hochburg der Holland-Hasser.
Denkt ihr euch nix dabei wenn ihr "Käsköppe" zu uns sagt, oder eure dämlichen Witzchen über den Fahrstil und die Urlaubsgewohnheiten eurer Nachbarn macht?
Was gibt euch das Recht so herablassend zu sein?
In einem gewissen Rahmen finde ich das ja teilweise sogar witzig, aber oft meinen irgendwelche Leute einem einen "neuen" Witz erzählen zu können und man sagt die Pointe schon vorab. Dann heißt es: "Ja klar, is doch so, oder? Hab ich Recht? Hab ich Recht?"
Nö, nix is mit Rechthaben, wir kennen nur schon jeden bescheuerten Witz auf unsere Kosten.
Eines meiner Horrorerlebnisse war noch zu Schulzeiten. Da rammte mir jemand auf einer Schulfeier einen Schaschlikspieß in den Anorak und brüllte: "Guckt mal alle her, ein Käsehäppchen!!!".
Ich hatte eine - zum Glück nur oberflächliche Verletzung - am Rücken und fühlte mich sowas von scheiße. Zudem gab es zuhause auch noch Ärger weil der Anorak im Arsch war. Kinder sind Arschlöcher.
Aber als Erwachsener sollte man es doch langsam begriffen haben, dass es verletzend sein kann jemandem "nett gemeinte" Beleidigungen vor den Latz zu knallen, oder?
Ihr geht doch auch nicht zu einem Türken hin und nennt ihn "Kanacke" oder "Kümmeltürke"?
Oder sagt ihr einem Italiener "Spaghettifresser" ins Gesicht?
Nennt ihr die Schweden "Knäckebrotbäcker"?
Oder die Franzosen "Froschfresser"?
Nein, das würde keiner so schnell wagen. Warum also ständig dieses primitive "Käsköppe"?
Nordi brachte den perfekten Vergleich in dem WM-Thread, er wurde in Österreich "Fischkopp" genannt und empfand es als verletzend.
Auch wir haben Gefühle und ich fände es sehr schön wenn ihr darauf ein wenig Rücksicht nehmen könntet!
Danke.
P. S.:
Immerhin könne wir Käse machen der schmeckt, und auch darauf bin ich stolz!